Einen Spielfilm drehen - Terramondeo

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So könnt Ihr einen Spielfilm drehen

Es ist heutzutage (2016) jedem möglich, für wenig Geld einen Spielfilm zu drehen. Aber wie geht das? Was braucht man und wie geht man da heran? Auf diese Frage will ich in diesem Fachartikel eingehen.

Das Equipment
Das benötigte Equipment beschränkt sich auf einen Camcorder der oberen Mittelklasse (kostet 700-1000 Euro), ein Stativ (möglichst ein Videostativ mit Fluid-Schwenk- und -Neigekopf, ab 100 Euro) einen zumindest Mittelklasse-Computer (hat jeder), einen Studio-Kopfhörer (30-100 Euro) sowie eine moderne Videoschnittsoftware (60-120 Euro).

Wenn noch etwas Geld übrig ist, kann man den Camcorder mit einem auf dem Zubehörschuh aufgesetzten Richtmikrofon (ab 100 Euro) tunen. Noch besseren Ton bekommt man - allerdings erst mit etwas Übung - wenn man ein hochwertiges Nierenmikrofon auf eine Tonangel montiert, und diesen Ton entweder per Mikrofonbuchse in den Camcorder leitet oder mit einem Audiorekorder separat aufzeichnet. Dieser Aufwand ist jedoch insbesondere für erste Gehversuche in puncto Spielfilm-Drehen nicht erforderlich, zumal dazu zwei zusätzliche Crewmitglieder am Set anwesend sein müssen: Der Tonmann zeichnet den Ton auf und überwacht ihn per Kopfhörer, der Tonassistent hält die Tonangel so, dass der Schall das Mikrofon optimal und gleichmäßig erreicht. Letzteres erfordert einige Übung, damit der Ton korrekt aufgezeichnet wird und nicht in seiner Lautstärke und Klangfarbe schwankt.

Brauche ich zwei Monitore? Brauche ich eine Videoschnittkarte im PC? Beides: Nein. Für den Workflow ist ein separater großer Vorschaumonitor nicht nötig, denn mit einem Mausklick kann man das kleine Bild im Vorschaumonitor erweitern auf den gesamten Bildschirm (Vollbildansicht). Wichtiger ist, dass der Monitor die Auflösung bietet, die auch der fertige Film haben soll. Heutzutage ist das meistens eine HD-Auflösung (1920*1080 Pixel). Empfehlenswert ist, wenn der Monitor groß ist (24 oder 27 Zoll). Es gab mal eine Zeit, als die Fernseher und Monitore noch Bildröhren besaßen, die mit analoger Bilddarstellung, unterschiedlichen Auflösungen und unterschliedlichen Farbräumen arbeiteten. Daher wurden dieselben Filme vom PC auf dem PC-Monitor anders dargestellt als auf einem Fernseher. Damals war es sinnvoll, zur Bildkontrolle stets auch einen Fernseher an die Videoschnittkarte anzuschließen. Heute sind diese Probleme weitgehend behoben, nur die Farbräume sind bei älteren Flachbildfernsehern noch anders als bei alten wie neuen Computer-Flachbildmonitoren. Heute eignet sich also auch ein normaler Computer-Flachbildmonitor zur Beurteilung des Bildes, und die Unterschiede zur Darstellung auf dem Flachbildfernseher fallen praktisch nicht ins Gewicht. Daher und auch wegen der hohen Leistungsfähigkeit gebräuchlicher PCs braucht man heutzutage im PC auch keine Videoschnittkarte mehr.

Die Geschichte und die Schauspieler
Was braucht man neben dem Equipment sonst noch? Zunächst eine Idee zu einer Geschichte. Und dann natürlich Schauspieler. Die Verfilmung einer Geschichte ist natürlich davon abhängig, welche Schauspieler zur Verfügung stehen. Daher empfiehlt es sich zunächst zu klären, wer mitmachen möchte. Man kann auch schon mit einer Handvoll Personen etwas anfangen. Damit sich Personen überhaupt zur Verfügung stellen, muss man ihnen freilich schon eine grundsätzliche Filmidee präsentieren, denn wer möchte schon die Katze im Sack kaufen, also nach der Zusage feststellen, dass er in einem Film mitwirken soll, dessen Genre er gar nicht mag? Mit Erlaubnis ihrer Eltern dürfen auch Minderjährige an Filmprojekten beteiligt werden. Hat man eine genügende Anzahl von Schauspielern gefunden, kann man ihnen die Geschichte auf den Leib schreiben, das heißt insbesondere, dass die Rollen, die in der Geschichte auftauchen, der Altersstruktur der Schauspielerschaft entsprechen und dass die Schauspieler ihre Rolle auch akzeptieren. Bsp: Nicht jeder Laiendarsteller wäre bereit, einen Bösewicht zu mimen, aber niemand hat etwas dagegen, einen Protagonist (=Held der Geschichte) oder Sympathieträger zu spielen. Das muss vorher geklärt werden. Ebenso muss vorab geklärt werden, ob der Film später mal im Internet einer breiten, anonymen Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Nicht jeder, der sich für ein privates Spielfilmprojekt zur Verfügung stellt, möchte sich später im Internet wiedersehen. Das gilt noch vielmehr für beteiligte Minderjährige und deren Eltern. Insofern ist die Chance, andere vom eigenen Filmprojekt zu überzeugen, größer, wenn man gleich zusagt, dass der Film jedenfalls nicht ins Internet kommt oder nur dann, wenn alle Beteiligten dieser Veröffentlichung zustimmen.

Wie könnte ein erstes Projekt aussehen? Eine Idee für eine Geschichte muss her. Wie machen das die Profis? Also: Was bekommt man im Fernsehen zu sehen? Jeder Film enthält ein hohes Maß an alltäglichen Begebenheiten. Gewürzt ist das Ganze oft mit ungewöhnlichen Ereignissen (z.B. Action-Einlagen oder komische oder merkwüdige Situationen, etwa Gags). Und wie fangen Filme an? Ist aller Anfang schwer für den Geschichten-Entwickler/Drehbuchautor? Nein.

Ein Beispiel: Alex kommt zur Haustür raus, um den Briefkasten zu leeren. Hund Waldi drückt von innen gegen die Haustür, die dadurch ins Schloss fällt. Alex hat keinen Schlüssel dabei und ist somit ausgesperrt. Die Lösung des Problems kann schon Thema eines kurzen Spielfilms sein. Es kann eine Familiengeschichte werden, denn in diesem Moment kommt Tante Elke vorbei. Oder ein kleines Abenteuer: Alex versucht, jemanden zu erreichen, und fährt schließlich mit dem Rad zu Tante Elke, doch Alex verpasst sie. Und dann bringt Alex in Erfahrung wo sie hin will, und Alex verpasst sie wieder ... . Oder ein Krimi: Alex wird entführt, und mit Waldis Hilfe finden ihre Geschwister sie.

Weitere Beispiele für kurze Spielfilme sind die vielen Slapstick-Filme von Stan Laurel und Oliver Hardy (Dick und Doof), und natürlich auch von den anderen großen Slapstick-Schauspielern jener Zeit: Ben Turpin, James Finleyson, Harold Lloyd ... . Auf Youtube sind viele erheiternde Beispiele zu finden, die vor fast Hundert Jahren schon die Menschen vom Stuhl gerissen haben und die zeitlos schön sind.

Einleitung, Hauptteil und Schluss
Die klassische Dramaturgie, die in Kinofilmen vorrangig Anwendung findet, hat eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss. Die Einleitung führt die wesentlichen Personen in die Geschichte ein und zeigt auf, worum es im Hauptteil gehen wird. Der Hauptteil stellt den Bereich der Geschichte dar, wo das meiste los ist. Insbesondere wird der Protagonist (es dürfen auch mehrere sein) vor ein Problem gestellt (oder nacheinander vor eine Reihe von Problemen), das es zu lösen gilt. Oft bekommt er es mit einem Gegenspieler zu tun, dem Antagonist. Der Schlussakt beginnt, wenn klar ist, dass der Protagonist gewonnen hat. Dann folgt das Happy End. Der Film findet ein rundes Ende, es sollen also möglichst keine losen Enden bleiben. Ggf. werden in der Spielhandlung des Schlussaktes noch Fragen beantwortet, die sich der Zuschauer des Films im Laufe des Filmes stellen konnte (z.B.: wo denn nun der sagenumwobene Goldschatz versteckt ist). Vom Volumen her macht der Hauptteil gewöhnlicherweise mindestens 50 % des Films aus, Einleitung und Schluss jeweils höchstens 25 %.

Die Drehorte
Eine Geschichte und die Schauspieler, die haben wir jetzt. Ein weiter wichtiger Aspekt ist die Frage der Drehorte. Gerade Hobby-Spielfilmer haben nicht das große Geld, um maßgeschneideerte Drehorte zu finden. Man nimmt das, was da ist. Ein Crewmitglied arbeitet in einer Werkstatt? Ein guter Drehort. Für viele Zuschauer eine unbekannte Welt, daher – zusätzlich zur Geschichte – interessant. Der Chef kann gerne bei den Dreharbeiten zusehen. Ansonsten bietet sich das Filmen an öffentlichen Orten an. Pro forma sollte an dieser Stelle gesagt werden, dass an öffentlichen Orten und auf privaten Grundstücken beim Berechtigten eine Drehgenehmigung einzuholen ist. Es gibt allerdings auch das Guerilla-Filmen: Kamera aufbauen, zweimal probieren, drehen, einpacken. Man dreht so viele Takes (= Exemplare der gespielten Szene), bis man zufrieden ist mit der Szene. Bevor jemand auftaucht und Fragen stellt, ist man weg. Falls man zu früh unterbrochen wird, fährt man flugs zu einem zuvor als Alternative überlegten Ersatzdrehort. Oder aber man gibt sich mit dem ersten Take zufrieden, der vielleicht nicht Hundert prozentig ist, aber brauchbar. Die Drehorte fließen zwangsläufig auch hier und da in die Details der Geschichte ein, weswegen es sinnvoll ist, die Geschichte auf die Drehorte abzustimmen. Beispiel: Zwei streiten sich, und der Streit eskaliert. Spielt das in einer Autowerkstatt, so würde der Bösewicht spontan den großen Schraubenschlüssel greifen, um zuzuschlagen. Spielt die Szene am Ufer eines Sees, so würde er seinen Kontrahenten ins Wasser tauchen, bis er sich nicht mehr bewegt.

Stets problematisch: die Terminplanung
Ein nicht zu unterschätzendes Problem bei Spielfilmprojekten ist die Terminplanung. Je mehr Beteiligte an einer Szene mitwirken, desto schwieriger ist es, Termine zu finden, an denen alle Zeit haben. Das ist im Profigeschäft gar kein Problem: Die Produktionsfirma schließt (Arbeits-)Verträge mit den einzelnen Schauspielern und Crewmitgliedern, und die müssen auf Abruf erscheinen. Das ist ihr Job, dafür bekommen sie eine Menge Geld. Und das ist bei Hobbyfilmern eben anders. Je weniger Schauspieler mit vollen Terminkalendern mitspielen, desto einfacher wird die Terminfindung. Das spricht für ein Spielfilm-Familienprojekt, bei dem die Kinder wegen der Schule lediglich vormittags keine Zeit haben und sich deshalb nur noch die Eltern abstimmen müssen.

Die Terminplanung kann platzen. Zum Einen kann das Wetter die geplanten Außenaufnahmen unmöglich machen, z.B. anhaltender Regen oder gar Schnee, obwohl der letzte Außendreh in unverschneiter Landschaft stattfand und so die Kontinuität gestört ist. Zum Anderen kann ein unverzichtbares Crewmitglied (z.B. der einzige, der weiß, wie die Filmkamera funktioniert) oder ein Schauspieler krank werden oder anderweitig verhindert sein. Dann muss man umdisponieren.

Die Kontinuität
Findet sich die Gruppe an zu den einzelnen Szenen (in wechselnder, jeweils passender Besetzung), so müssen alle auf die Kontinuität achten. Das heißt insbesondere: Trägt jeder die Kleidung, die gemäß der Geschichte in die zu drehende Szene gehört? Beispiel: Vor zwei Tagen wurde die Radtour gedreht auf dem Weg zu Tante Elkes Haus auf dem Land. Heute stehen die Anschlussszenen an im Inneren des Hauses. Logisch: Die Filmfiguren konnten ja zwischendurch nicht die Kleidung wechseln. Also müssen alle Darsteller am heutigen Drehtag in derselben Kleidung erscheinen. Gegenbeispiel: Anders wäre es, wenn eine Anschlussszene am darauffolgenden Tag spielt. Die Darsteller können dann eine andere Kleidung anhaben, denn dazwischen liegt eine Nacht, jeder war zu Haus und am nächsten Morgen zieht jeder was Neues an oder die Oberbekleidung vom Vortage. Beides ist üblich, und der Zuschauer weiß das und wundert sich dann nicht über die neue Bekleidung der Filmfiguren. Damit man auch für die Anschlussszenen noch weiß, welche Kleidung und Accessoires die einzelnen Schauspieler am Drehtag an gehabt haben, sollte man an jedem Filmset ein Foto mit allen Darstellern einer Szene machen. Im Vorfeld des nächsten Drehtages wird dieses Bild an die betreffenden Schauspieler gemailt.

Ein absolutes und vermeidbares No-Go: Der Schauspieler erfährt am Morgen des Drehtages von seiner Ehefrau, dass das heute zum Filmdreh benötigte Oberhemd in der Waschmaschine oder noch nicht trocken ist. Wenn das passiert, kann der ganze, für heute geplante Dreh platzen.

Die Postpoduktion
... also der Filmschnitt mit der Videoschnittsoftware. Nachdem alle "Szenen im Kasten" sind, müssen die besten Takes der einzelnen Einstellungen der einzelnen Szenen ausgewählt werden. Die ausgewählten Szenen und ihre Einstellungen müssen grob in die endgültige Reihenfolge gebracht und dann mit Übergängen versehen werden (beim Spielfilm i.d.R. harter Schnitt) und mit ggf. separat aufgenommenen Tönen, Geräuschen und Nachsynchronisationen gemischt werden. Dies findet am PC statt, und zwar mittels einer besonderen Software: der Videoschnittsoftware. Bekannt und empfehlenswert sind u. a.: Magix Video Pro, Magix Videodeluxe, CyberLink Power-Director, Corel Video Studio.

Den Umgang mit der Software erlernt man am besten durch Zuschauen, und zwar auf Youtube. Gibt man dort in die Suchzeile neben dem Namen des gewünschten Videoschnittprogrammes die Worte "Tutorial" und "deutsch" ein, findet man dort einige Filme des Herstellers sowie von Privatpersonen, die den Umgang mit der Software beschreiben. Einige Hersteller und auch einige Softwareverlage bieten für die führenden Videoschnittprogramme Kurse auf Video-DVD an. Nachdem man sich einige Tutorials mehrmals angeschaut hat, geht's ans Ausprobieren: Einfach ein paar Clips auf die Zeitleiste kopieren und mit den Funktionen des Programms experimentieren. Gerät man ins Stocken, schaut man sich nochmal das eine oder andere Tutorial an. Nach zwei Tagen sollte der Umgang mit den Grundfunktionen der Software sitzen – und für Spielfilme braucht man für gewöhnlich nicht mehr. Die vielen, mit der Software mitgelieferten Blenden (= Überblendungen, Übergänge zwischen zwei Clips) braucht man für Spielfilme nicht. Benötigt werden nur harte Schnitte, und nur ausnahmsweise eine weiche Überblendung (= der vorangehende Clip wird am Ende für ein, zwei Sekunden überlagert vom Anfang des folgenden Clips) und/oder eine Schwarzblende (= der vorangehende Clip blendet langsam ab, bis das Bild schwarz ist. Nach ein, zwei Sekunden blendet der folgende Clip langsam auf). Alle übrigen Formen des Übergangs zwischen zwei Clips sind nur eine nette Spielerei, etwa zum Aufpeppen langweiliger Filme.

Jede Videoschnittsoftware verfügt über eine Zeitleiste, ein bis zwei Vorschaumonitore und einen Quelldateibrowser. Der nachstehende Screenshot zeigt das Fenster von Magix Video Pro X7. Oben sind die zwei Vorschaumonitore. Der Linke zeigt die Filmvorschau, also das Bild, dass der Film in der Zeitleiste an der Stelle hat, wo sich der orangefarbene Curser zur Zeit befindet. Der zweite Vorschaumonitor (oben in der Mitte des Fensters) zeigt den Clip an, der aktuell im Quelldateibrowser (oben rechts im Fenster) ausgewählt ist. Rechts unten neben der Zeitleiste ist ein Footage-Bereich, ein individuelles Feature von Magix Video Pro X, das dem schnellen Zugriff auf bestimmte Clips dient. Die Zeitleiste verfügt über mehrere Video- und Audiospuren, die übereinander angeordnet sind. Links von jeder Spur ist der "Spurkopf" mit diversen Einstellmöglichkeiten für jede einzelne Spur. Auf der obersten Spur liegen nebeneinander die einzelnen Takes. Die diagonalen Linien am Anfang und am Ende eines einzelnen Takes signalisieren weiche Übergänge bzw. Schwarzblenden (Ein- und Ausblendungen). Dies funktioniert bei Video- und Audiospuren gleichermaßen. 



Der Quelldateibrowser kann zum Einen dazu verwendet werden, die Dateien von der SD-Karte auf ein Verzeichnis im Computer zu kopieren. Diese Dateien sind das Rohmaterial des Films, und man bezeichnet sie innerhalb der Videoschnittsoftware als (Film-)"Clips". Der Quelldateibrowser wird darüber hinaus stets verwendet, um die auf dem PC gespeicherten Clips auszuwählen und auf dem Vorschaumonitor anzuzeigen und anschließend in die Zeitleiste zu kopieren.

Verfügt die Videoschnittsoftware über zwei Vorschaumonitore, so dient einer zum Anschauen des Quellmaterials aus dem Quelldateibrowser und der Zweite zum Anzeigen des Films in der Zeitleiste. Zwei Vorschaumonitore sind eigendlich nur dann nötig, wenn man die Clips mit Effekten bearbeiten will und stets den Vergleich zum Original-Clip im Blick haben möchte. Regelmäßig ist das bei Spielfilmen nicht nötig, und man kommt mit einem einzigen Vorschaumonitor für Quelldateien und Filmvorschau gut aus. Zur detaillierten Fimvorschau schaltet man eh per Mausklick in den Vollbildmodus.

Auf der Zeitleiste sind die verfügbaren Video- und Audiospuren untergebracht. Sie ist meistens in der unteren Bildschirmhälfte angesiedelt und geht dort über die gesamte Breite des Bildschirms. Die einzelnen Einstellungen, die am Filmset mit dem Camcorder gefilmt und abgespeichert worden sind, werden hier in der richtigen Reihenfolge aneinandergehängt. Selbstverständlich kann man diese Clips innerhalb der Zeitleiste mit der Maus verschieben, also ihre Position verändern, und auch die Länge der Clips beschneiden, sowie Effekte (z.B. Farbanpassungen) auf die einzelnen Clips anwenden.

Wieviele Spuren sollte die Videoschnitsoftware haben? Im Ergebnis reichen sechs Spuren. Zwei Videospuren reichen für das Videomaterial aus, hinzu kommen zwei Audiospuren, denn das Videomaterial hat fast immer auch Tonsignale gespeichert – man spricht hierbei von O-Ton, also Originalton. Also braucht man dafür auch zwei Tonspuren. Anders nur, wenn die Videoschnittsoftware die zugehörigen Tonspuren in die jeweilige Videospur integriert hat. Zu diesen vier Spuren kommen noch ein bis zwei weitere Audiospuren hinzu: Eine für separat aufgenommene Sprache oder Geräusche, und eine für Filmmusik. Vorspann und Abspann werden in der Videoschnittsoftware als "Titel" bezeichnet. Sie werden in der zweiten Videospur untergebracht.

Einige Videoschnittprogramme eignen sich (in einem gewissen Rahmen) für ältere PC besser als andere. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, das die Software nicht ausschließlich auf die neueste Chiptechnologie angewiesen ist, denn dann lässt sie sich auf älteren Rechnern nicht einmal starten, oder sie stürzt ab. Die neueste Edius-8-Videoschnittsoftware ist so ein Kandidat, der spezielle Anforderungen an den Prozessor stellt und daher nur auf neuen Rechnern läuft. Damit Videoschnittsoftware auf langsameren, älteren Rechnern läuft, muss sie außerdem die Verwendung von Proxy-Elementen beherrschen. Das sind "Stellvertreter"-Elemente für die einzelnen Filmclips, die mit geringer Auflösung arbeiten und so nur einen Bruchteil der Rechenleistung benötigen, wie sie für den eigentlichen Filmclip nötig ist. Beim Rendern des fertigen Films, also bei der Ausgabe als DVD oder Videodatei, nimmt ein langsamer PC freilich viel mehr Zeit in Anspruch als ein schneller PC. Das stört aber nicht, denn die meiste Zeit geht drauf für die Gedanken, die man sich beim Schneiden des Filmes macht.

Wie sieht der Workflow aus? Zunächst müssen die Filmclips von der Speicherkarte auf die Festplatte des Computers gebracht werden. Eine Stunde Filmmaterial in Standard- oder FullHD-Auflösung benötigt etwa 15 Gigabyte pro Stunde, UHD-Material benötigt mindestens dreimal soviel Speicherplatz, je nach der Größe des Datenstroms, den die Kamera aufzeichnet. Das Importieren auf der Festplatte kann durch Einlesen der Speicherkarte mit einem Speicherkartenlesegerät geschehen. Alternativ kann die Kamera gemäß den Angaben in der Bedienungsanleitung via USB-Kabel mit dem PC verbunden werden, und dann der Import auf den PC durch das Videoschnittprogramm vorgenommen werden. Wenn sich die Clips auf dem PC befinden, können sie mit dem Quelldateibrowser des Videoschittprogramms angeklickt und im Quelldatei-Vorschaumonitor betrachtet werden. Da von jeder Einstellung im Regelfall mehrere Takes vorhanden sind, muss man von den verfügbaren Takes einer jeden Einstellung den besten Take auswählen. Dieser wird dann in die Zeitleiste kopiert (= mit der Maus in die richtige Spur an die richtige Position gezogen). Das macht man mit allen Einstellungen in allen Szenen so. Am Ende dieses Prozesses hat man den Grobschnitt fertig: die Szenen befinden sich in der richtigen Reihenfolge.

Nun geht es im nächsten Schritt darum, den Feinschnitt zu machen. Dabei muss man viel überlegen. Insbesondere muss für jeden der zahllosen Takes festgelegt werden, wo der Schnitt sein soll. Daher ist es wichtig, dass vor und hinter der eigentlichen Handlung im Take etwas Pufferzone ist, ein bis zwei Sekunden vor und nach der maßgebenden Handlung reichen.

Wo setzt man den Schnitt genau? Das ist Geschmackssache. Im Laufe der 100jährigen Filmgeschichte haben sich aber gewisse Gewohnheiten herausgebildet, deren Nichtbeachtung nicht schlimm ist, aber deren Nichtbeachtung der Zuschauer zumindest im Unterbewusstsein wahrnimmt. Oft sind aber mehrere alternative Möglichkeiten gegeben, einen Schnitt zu setzen. Am besten macht man es zuerst nach Gefühl, schaut sich die beiden Szenen mit dem dazwischen liegenden Schnitt im Vorschaumonitor an und vergleicht den Schnitt mit den eigenen Kino- und Fernsehfilm-Erfahrungen. Der Lernprozess baut auf diesen eigenen Erfahrungen beim Zuschauen auf. Wenn man Videoschnitt probiert, und dann wieder professionell gedrehte Filme sieht und wieder schneidet, und wieder einen Kinofilm sieht usw., dann entwickelt man allmählich ein Gefühl fürs richtige Setzen eines Schnitts. Zudem fällt es einem mit zunehmender Erfahrung immer leichter, einen professionellen Film aus dem Blickwinkel eines Filmemachers zu betrachten.

Zum Feinschnitt gehört aber auch, Video- oder Audio-Effekte auf die einzelnen Clips anzuwenden. So kann dem Film ein eigener Look verpasst werden, indem die Farbanpassung aufgerufen wird, z.B. alle Szenen in Schwarz/Weiß oder in besonders poppigen, bunten Farben. Verrauschte Tonaufnahmen können entrauscht werden mit einem Denoise-Effekt oder Dehisser-Effekt. Aber Vorsicht: hier ist weniger oft mehr, denn das Entrauschen verändert hörbar den Frequenzgang des Clips. Es geht also meistens darum, ein ausgewogenes Verhältnis zu finden zwischen einem Rest Rauschen und dem Klang des Clips.

Auch Fehlerkorrekturen am aufgenommenen Bild sind möglich. So kann z.B. ein in das Motiv hineinragendes Mikrofon mit gezielter Unschärfe unkenntlich gemacht werden. Der Zuschauer sieht da etwas undefinierbares am Bildrand, nimmt das aber nicht als Mikrofon wahr und denkt nicht weiter darüber nach. Eine derartige Korrektur hat damit ihren Zweck erfüllt. 

Eine andere Art der Fehlerkorrektur ist das Stabilisieren des Bildes. Manche Videoschnittprogramme haben Mercalli von Prodad mit an Bord. Ist dies der Fall, so steht das auf der Verpackung drauf. Mercalli ist eine hochwirksame Softwarelösung zur Bildstabilisierung und in der 2016er Fassung von Magix Videodeluxe (Premium) an Bord. Zwar hat jede namhafte Videoschnittsoftware eine Stabilisatorfunktion, aber Mercalli ist darauf spezialisiert und sehr empfehlenswert.

Nachdem alle Einstellungen von allen Szenen fertig geschnitten sind, wird der Film exportiert. Dazu wird er auf einen geeigneten Datenträger gebrannt oder als Videodatei (z.B. im .mp4-Format oder im .meg-Format) aufgespielt. Die wichtigste Einstellungsgröße ist der Datenstrom, anzugeben in Kilobit pro Sekunde oder Megabit pro Sekunde. Ein Film in Standard-Auflösung 720*576 Pixel sollte mit einem Datenstrom von 4.500-6.000 kBit/s aufgezeichnet werden. Bei FullHD (1920*1080 Pixel) sollte es 28 Mbit/s sein, bei UHD 100 Mbit/s. Für das Hochladen auf Youtube sollte der Datenstrom nur halb so groß sein wie eben erwähnt.

Achtung Filmmusik!
Hier ist der Bereich der Urheberrechte relevant. Wenn man Musik selbst komponiert (und diese Komposition zu diesem Zeitpunkt nicht schon ganz oder zum Teil von jemand anderem kreiert worden ist) und wenn man diese selbstkomponierte Musik selbst spielt, hat man alle Urheberrechte an ihr. Für den Songtext gilt das Gleiche. Das bedeutet umgekehrt: Es bestehen fremde Urheberrechte an Musik, die jemand anders komponiert/getextet hat oder die jemand anders gespielt hat oder beides. Wenn fremde Urheberrechte an der im Film verwendeten Musik bestehen, darf man den Film nur im privaten (Freundes- und Familien-)Kreis vorführen. Man darf den Film nicht veröffentlichen, also z.B. nicht ins Internet hochladen oder gegen Eintritt im örtlichen Kino vorführen. Man darf ihn allenfalls einer geschlossenen Gesellschaft vorführen. Wenn man den Film einem breiten Publikum zeigen, also veröffentlichen möchte, muss man das OK der Urheberrechtsinhaber (Komponist, Texter, Interpret oder im Falle des Ablebens: deren Erben) einholen. Ist die gewünschte Musik aus Rundfunk und Fernsehen bekannt, ist zumeist die GEMA der erste Ansprechpartner für die Nutzung der Musik. Dort kann man in Erfahrung bringen, wieviel die Veröffentlichung im konkreten Fall kostet und wessen Einverständnis noch einzuholen ist. Beispiel: Ein Politiker wollte mal einen Welthit für eine politische Wahlkampf-Veranstaltung buchen, was die Urheberrechtsinhaber jedoch verhindert haben.

Selbermachen macht Spaß
Filmemachen ist eine Kunst, die verhältnismäßig leicht erlernbar ist und in der man die eigene Kreativität einbringen kann. Jeder sieht Filme im Fernsehen, der eine lieber diese, der andere lieber jene Filme. Diese Filme, ganz gleich ob Rosenheim Cops, Tatort oder ein Blockbuster mit Bruce Willis, dienen als Anschauungsmaterial. Man schaut sich den Film einfach mal aus der Sicht eines Filmemachers an ("Ach, so haben die das gemacht!") - und dann macht man es mit ein paar Freunden ähnlich. Was die Profis vom Amateur unterscheidet, sind die Ausrüstung und die oftmals maßgeschneiderten Drehorte. Allerdings ist die Amateurausrüstung von heute schon so gut, dass ein Zuschauer sich sehr anstrengen muss, um zu erkennen, dass hier kein Profi am Werke war. Hinzu kommt, dass die Arbeit am Filmset einfach tierisch viel Spaß macht. 

Make more movies!

 
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